Das Putinsystem im Wahlkampf
Wenn ich mich mit Wahlwerbung befasse, stosse ich hin und wieder auch auf zu klärende Rechtsfragen. Kürzlich hat mich jemand gefragt, ob er sich dagegen verwahren könne, dass man für ihn von unerwünschter Seite aus Werbung mache. Das beschädige nämlich seine Reputation. Mit einem einfachen Ja oder Nein kann man darauf nicht antworten. Ich muss daher mit Beispielen argumentieren.
Wenn man etwas abfotografiert, das im öffentlichen Raum sichtbar ist, darf man das Bild verwenden. Werbung darf man für jede Person machen, sofern der Text ehrlich und positiv formuliert und mit einem Impressum versehen ist. Das Einverständnis der „beworbenen“ Person muss nicht eingeholt werden. Ironische Formulierungen sind nicht zulässig. Man darf sicher nicht schreiben, der Kandidat werde zur Wahl empfohlen, weil er einschlägige Erfahrungen mit Steuerhinterziehung habe. Zulässig wäre die Formulierung, weil er ein Steuerrechtsfachmann sei, der sich bei der Verfolgung von Steuermissbrauch bewährt habe.
Interessant ist auch die Frage, ob man einen Werbetext veröffentlichen darf, wenn man das fehlende Impressum ersetzt, indem man die redaktionelle Verantwortung übernimmt. Das ist zweifellos rechtens. Diese Werbebotschaft darf ich daher veröffentlichen, obwohl das Impressum fehlt:
Für die Werbeaktion für das Frauentrio übernehme ich die redaktionelle Verantwortung übrigens gerne, denn ich stufe den Text als wohlwollend und inspirierend ein. Es kann sogar sein, dass ich der sympathischen Aufforderung Folge leiste.
Im Normalfall ist Wahlwerbung juristisch unproblematisch. Für Abwahlempfehlungen gelten hingegen deutlich höhere Anforderungen. Im Zweifelsfall sollte man auf sie ohnehin verzichten oder mindestens eine juristische Meinung vor der ersten Veröffentlichung einholen.
Wer sich im Wahlkampf fair und korrekt verhält, hat auf jeden Fall nichts zu befürchten. Dass Vandalenakte (Zerstören von Plakaten etc.) nicht ungeahndet bleiben, muss aber gewährleistet sein. Allerdings habe ich vor Jahrzehnten einmal erlebt, dass eine Partei die eigenen Plakate zerstört und dem Wahlgegner das Vandalentum angelastet hat. Damit wollte man Stimmen gewinnen. Heute würde man in einem solchen Fall wohl vom „Putin-System“ sprechen. Ich habe erfreulicherweise nie erlebt, dass die Rechnung der Selbstschädiger aufgegangen ist.